Du brauchst für dein Studium, deine Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation einen Interviewleitfaden? Wir zeigen dir die Unterschiede zwischen
verschiedenen Interviewarten und wie du einen Interviewleitfaden aufbauen solltest.
Mit unserem Überblick über die verschiedenen Formen von Interviewfragen
bekommst du zügig einen soliden Interviewleitfaden fertig.
Die qualitative Methodik bietet einen umfangreichen Fundus an Interviewformen. Bevor du deinen Interviewleitfaden erstellst, solltest du dir über die verwendete Interviewart im Klaren sein. Die drei wichtigsten Interviewarten sind:
Andere Interviewarten spielen im Studium oder für eine Bachelorarbeit keine große Rolle.
Das explorative Interview zielt darauf ab, vom Gesprächspartner eine möglichst vollständige
Sicht auf einen Gegenstand zu erhalten. Du kannst es einsetzen, wenn ein Untersuchungsgegenstand ausführlich und ohne die Annahme theoretischen
Vorwissens erkundet werden soll. Es dient eher zum Theorie-Aufbau als zur Überprüfung von Hypothesen. Das explorative Interview eignet sich aufgrund
seiner Komplexität eher als Instrument zur Erfassung subjektiv-typischer als zur Erzeugung objektiv repräsentativer Daten.
Die Gesprächsführung
bei einem explorativen Interview findet zumeist teil-strukturiert auf Grundlage eines Interviewleitfadens statt. Als Interviewer setzt du Schwerpunkte
und fragst bei besonders wichtigen, vorher definierten Schwerpunktthemen nach.
Das Tiefeninterview wird in der Regel offen und nicht-standardisiert, persönlich und als Einzelinterview umgesetzt.
Das Gespräch basiert lediglich sehr locker auf einem Gesprächsleitfaden. Dein Gesprächspartner kann frei antworten. Der Aufbau einer vertrauensvollen
und entspannten Atmosphäre ist ein wesentliches Merkmal zum Gelingen eines Tiefeninterviews.
Aufgrund seiner Intensität ist das Tiefeninterview eine
Erhebungsform mit großem Erkenntnispotenzial. Ziel des Gesprächs ist es, möglichst vollständige und unverzerrte Informationen zu gewinnen.
Das fokussierte Interview konzentriert sich auf einen vorab und eng definierten Gegenstand (eine bestimmte, konkrete, nicht simulierte Situation).
Auf Basis eines Gesprächsleitfadens werden Aussagen und Reaktionen des Gesprächspartners in relativ offener Form festgehalten.
Der Befragte kann sich frei und auch
assoziativ äußern. Das fokussierte Interview ist also non-direktiv und lässt unerwarteten Reaktionen Raum.
Unter einem vollstandardisierten Interview wäre ein Fragebogen zu verstehen, der sämtliche Fragen im Wortlaut vorgibt. Bei einem nicht-standardisierten Interview fehlt solch eine vorgegebene Struktur völlig oder liegt nur als mehr oder weniger ausformulierter Leitfaden vor, dem im Gespräch mehr oder weniger restriktiv gefolgt wird. Solch ein leitfadengestütztes Interview wird auch teil-standardisiert genannt.
Bei Befragungen auf Basis eines Leitfadens hast du den Vorteil, dass du die Interviewergebnisse tendenziell besser miteinander vergleichen kannst. Das Risiko bei der Verwendung eines Leitfadens besteht darin, dass du zu starr daran festhältst, etwa aufgrund von unsicheren oder unklaren Gesprächssituationen.
Der Interviewleitfaden dient dazu, das Gespräch zu strukturieren. Es ist die Übersetzung deiner Forschungsfrage(n) in konkrete Interviewfragen. Eine weitere wichtige Funktion des Interviewleitfadens besteht darin, dass dein Gesprächspartner daraus idealerweise ablesen kann, dass du dich auf dein Thema gut vorbereitet hast – das wird seine Kooperationsbereitschaft erhöhen.
Der Interviewleitfaden ist das Gerüst, auf dessen Grundlage du das Gespräch aufbaust. Die angemessene Zahl der Fragen hängt sowohl vom Forschungsgegenstand als auch vom Gesprächspartner ab.
Am Anfang stellst du dich selbst kurz vor. Es ist einer entspannten Atmosphäre zuträglich, etwas Smalltalk zu führen, um eine Vertrautheit und gewisse persönliche Beziehung herzustellen. Ebenfalls am Beginn sollten Hinweise an den Gesprächspartner über Ziel der Forschung und Bedeutung des konkreten Interviews für das Forschungsvorhaben stehen sowie gegebenenfalls zu Vorkehrungen zur Anonymisierung und zum Datenschutz. Vor Beginn einer etwaigen Aufzeichnung solltest du nochmals ausdrücklich das Einverständnis des Gesprächspartners hierzu einholen
Das Interview sollte möglichst analog zu einem natürlichen Gespräch aufgebaut werden. Daraus folgt, dass der Interviewleitfaden die Fragen nicht nach ihrer Wichtigkeit für das Forschungsvorhaben oder der eigenen Forschungslogik reihen sollte. Vielmehr solltest du die Fragen so arrangieren, dass sie einer dem Experten nachvollziehbaren Argumentationslogik folgen. Sinnvoll ist es, von allgemeinen auf spezielle Aspekte zu schließen. Dies gibt dem Befragten die Möglichkeit, sich in das Gespräch einzufinden.
Wichtig ist auch die Rolle, die du als Interviewer im Gespräch einnimmt: Die Bandbreite reicht von interessiertem aber relativ schweigsamem Zuhören über
aktive Gesprächsteilnahme bis hin zu eventuell lästigem Nachfragen.
Um die Motivation des Gesprächspartners nicht zu gefährden, sollte der Gesprächsleiter sich hier
flexibel und einfühlsam anpassen. Der Forscher sollte versuchen, ein wirkliches Gespräch statt eines Frage-Antwort-Spiels entstehen zu lassen.
Dein Interviewleitfaden ist Grundlage für Gespräche mit mehreren Gesprächspartnern? Dann ist es womöglich sinnvoll, den Leitfaden für jedes Gespräch zu variieren, sodass nur die jeweils relevanten Aspekte abgefragt können. Sonst wird der Leitfaden eventuell zu unübersichtlich.
Dem Grundsatz der Offenheit folgend solltest du Abweichungen vom Interviewleitfaden nicht nur zulassen, sofern sie deinem Forschungsinteresse dienen, sondern sie gegebenenfalls sogar selbst durch eigenes Nachfragen suchen. Für deinen Gesprächspartner ist es gut, wenn er den Eindruck gewinnt, dass er seine subjektiven Deutungen und Relevanzen zum Ausdruck bringen kann.
Der Interviewleitfaden kann neben den eigentlichen Fragen auch erklärende und strukturierende Hinweise enthalten. Dies ist vor allem dann hilfreich und sinnvoll, wenn dein Gesprächspartner vorab um Einsicht in den Leitfaden bittet. So kannst du deine Kenntnisse über den Forschungsstand und Basiswissen zur praktischen Relevanz des Forschungsproblems belegen und das Niveau des Interviews vordefinieren.
Forschungsfragen sind nicht als Interviewfragen geeignet: Sie entsprechen nicht der Erfahrungswelt potenzieller Gesprächspartner – damit ist er nicht in der Lage,
die Informationen zu liefern, die zur Beantwortung deiner Forschungsfrage(n) benötigt werden. Die Übersetzung von Forschungsfragen in Interviewfragen ist der erste
Arbeitsschritt bei der Entwicklung eines Leitfadens (Operationalisierung).
Dieser Prozess lässt sich in folgende Schritte differenzieren:
Bei der konzeptionellen Operationalisierung ist es wichtig sicherzustellen, dass die im Interview gewonnenen Daten später wieder auf die Forschungsfrage zurückgeführt werden können. Ziel der konzeptionellen Operationalisierung ist es, die Fragen alltagstauglich zu machen, sodass sie von Praktikern nachvollzogen werden können.
Die Interviewsituation entspricht keiner Alltagssituation, das Gespräch ist daher zunächst künstlich. In Interviewsituationen versuchen Befragte häufig, ihre Antworten
kurz und knapp zu halten. Einer im Sinne des Forschungsvorhabens offenen Gesprächsführung steht dies eher im Wege, denn du benötigst in der Regel ausführliche und
persönlichere Antworten.
Um an die gewünschten Informationen zu gelangen, solltest du Kriterien für gute Leitfadeninterviews berücksichtigen:
So kann es gelingen, das Gespräch zu veralltäglichen und Interaktionsbarrieren abzubauen.
Um die für deine Bachelorarbeit bzw. dein Studium benötigten Informationen vom Befragten zu erhalten, stehen dir unterschiedliche Typen von Fragen zur Verfügung, die mit unterschiedlichen Zielen eingesetzt werden können.
Sie geben dem Gesprächspartner die Möglichkeit, durch ein längeres Statement einen leichten Einstieg in die Gesprächssituation zu finden. Dir wird so gleich eingangs klar, wie der Befragte die Themenstellung verstanden hat und wie du das Gespräch im weiteren Verlauf zu steuern hast.
Mit strukturierenden Fragen leitest du verschiedene Themenbereiche ein. Für den Befragten haben sie den Nutzen, dass er Aufbau und Verlauf des Gesprächs besser nachvollziehen kann. Auch für dich sind sie hilfreich, um den Überblick über das Gespräch zu behalten und gegebenenfalls zu lange Exkurse des Gesprächspartners jenseits des Forschungsinteresses freundlich zu unterbrechen.
Mit direkten Fragen kannst du alle Tatbestände abfragen, die für das Forschungsvorhaben unabdingbar wichtig sind.
Direkte Fragen sind kurz und knapp formuliert und sollen den Gesprächspartner dazu anregen, die gewünschten Informationen tatsächlich
zu geben. Sie beginnen meist mit einem Fragewort wie wer, wie, wo oder was.
Da es für den Befragten irritierend ist, wenn direkte
Fragen nicht zu seinem vorherigen Statement passen, sollten sie flexibel eingesetzt werden – idealerweise thematisch anschließend
an eine Aussage des Befragten.
Mit interpretierenden Fragen kannst du Wertvorstellungen und Deutungsmuster des Befragten eruieren. Eine interpretierende
Frage kann Missverständnisse vermeiden (Sie wollen also sagen, dass …). Vor allem wenn ein Befragter dazu neigt, sehr nüchtern und sachlich zu antworten,
können mit interpretierenden Fragen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden.
Die Gefahr der interpretierenden Frage besteht darin, dass dem Gesprächspartner
eine Aussage untergeschoben wird.